crh 2005 mit einem Nachtrag vom Januar 2014
Altersversorgung
Rechtspolitische Gedanken zur Altersversorgung
Von Rechtsanwalt Dr. Christian Heinze, München
Aus: Zeitschrift für Politik (ZfP) 2005 Heft 2 S. 179-189 mit freundlicher Genehmigung des Nomos-Verlages und der
Redaktion
Irrwort Generationenvertrag.
Der Vertrag ist die Urform des Rechts. Er ermöglicht den Ausgleich zwischen dem Freiheitsideal und der Notwendigkeit von Bindungen durch Willensübereinstimmung. Freiheit und Wirksamkeit des Vertragsschlusses zu erhalten, setzt ein bestimmtes Verständnis des Vertragsbegriffs und bestimmte Realisationsbedingungen voraus: Zum Vertrag gehören mindestens zwei Rechtssubjekte und die Erklärung ihres übereinstimmenden Willens, daß bestimmte Bindungen zwischen ihnen gelten sollen. Realisation eines Vertragsrechts setzt Freiheit der Vertragswillensbildung und entweder Fortdauer des erklärten Willens oder Durchsetzung der Bindung voraus.
Bereits an diesen Merkmalen scheitert die Vorstellung eines Generationenvertrages über Versorgungsleistungen. Generationen sind keine Rechtssubjekte (1), und künftige Generationen können heute keine Willenserklärung abgeben. Auch ist mit fortdauernder Willensübereinstimmung über bestimmte Versorgungsleistungen ebensowenig zu rechnen wie mit ihrer Durchsetzbarkeit. Vielmehr soll der Generationenvertrag freie Willensbildung durch einseitigen Zwang ersetzen: eine jüngere Generation soll durch Gesetz verpflichtet werden, den Lebensunterhalt einer älteren Generation zu bestreiten. Eine Vereinbarung, dass ein Dritter etwas an die Vertragspartner leisten soll, wäre ein Vertrag zu Lasten Dritter. Der Dritte wäre nicht Vertragspartner sondern Objekt einer fremden Forderung. Daß auch dieser Dritte nach Art des Schneeballsystems Leistungen anderer Dritter soll beanspruchen dürfen, ändert nichts an der Unvereinbarkeit seiner Verpflichtung mit dem Wesen eines Vertrages. Übrigens könnte der Inhalt eines solchen Vertrages heute weder qualitativ noch quantitativ bestimmt werden, weil das Vermögen künftiger Generationen zu Unterhaltsleistungen, insbesondere im Verhältnis zum Bedarf, unbekannt ist. Was bleibt, ist ein frommer Wunsch.
Das Sprachgebilde Generationenvertrag wurde zur Zeit wachsenden Wohlstandes geschaffen, als diejenigen, die an Rezessionen dachten, kaum Gehör fanden. Der Ausdruck beschwor Freiwilligkeit und ewige Realisierbarkeit und erschien dadurch geeignet, die gesetzliche Anordnung der Versorgung der älteren Generation dem Wähler schmackhaft zu machen. Dahinter steht das Interesse einer Entlastung des Staatshaushalts. Unabhängig von der Frage, inwieweit der Staatshaushalt der Versorgung zu dienen hat, rechtfertigt dieses Interesse nicht eine Beschädigung der Rechtsordnung durch Mißbrauch des Vertragsbegriffs.
Ansprüche auf fortgesetzte Leistungen der Generationen
werden auch mit den bereits unter dem geltenden System staatlicher
Altersvorsorge geleisteten
Rentenbeiträgen begründet. Soweit jedoch solche Beiträge vom Staat
tatsächlich nicht angespart sondern etwa als Versorgungsrenten -
ausgeschüttet wurden, kann darauf vielleicht ein Anspruch gegen den Staat, aber
nicht gegen eine künftige erwerbstätige Generationen gestützt werden. Denn
diese Verwendung der Beiträge war im demokratisch verfassten Staat nur mit
Zustimmung des die jeweilige Staatsbürgerschaft vertretenden Gesetzgebers
möglich. Der Rechtsgedanke eines Vertrauensschutzes
führt zu keinem anderen Ergebnis, soweit künftige Generationen für das
Vertrauen der Beitragszahler in künftige Leistungen nicht verantwortlich gemacht
werden können.
Das sollte genügen, um die Idee, das System und den Ausdruck des Generationenvertrages ein-
für allemal aufzugeben. Sie haben
auch nichts zu tun mit dem humanitären Gebot, Bedürftigen Mitmenschen zu
helfen. Dieses betrifft individuell-schicksalhafte Sondersituationen. Für ihre
Bewältigung gelten andere Voraussetzungen und Bedingungen als für die Deckung
des allgemeinen Bedarfs der Altersversorgung.
Es bedarf einer
grundlegenden Reform.
Mit der Idee eines Generationenvertrages entfällt die
Grundlage für das geltende System der Altersversorgung und mancher sekundärer
Interventionsbedarf. Aber auch jenseits der Idee einer Generationensolidarität
sind grundlegende Mängel dieses Systems zu beheben.
Sie bestehen erstens darin, daß
Beiträge zur staatlichen Versicherung vom Staat nicht thesauriert, nämlich
wertbeständig und verzinslich angelegt,
sondern für andere Zwecke, sei es auch für laufende Rentenzahlungen an die
jeweiligen Versorgungsempfänger verwendet wurden.
Ein wichtiger Grund für die heute klaffende Deckungslücke
besteht zweitens darin, daß der Wert von
Versorgungsrücklagen jeglicher Art durch eine sich über Jahrzehnte hinweg
wiederholende Geldentwertung
geschmälert worden ist und weiter geschmälert wird.
Drittens leidet das herkömmliche System an einer
undurchdringlichen Vermengung von
Eigenvorsorge, Arbeitsunfähigkeitsversicherung, von Ausgleichsvorkehrungen
wegen Verteilungsfehlern und von sozialer Umverteilung (4).
Dabei werden die erforderlichen Mittel zu ebenfalls unkenntlichen Anteilen aus
Beiträgen der versicherungspflichtigen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie über
den Staatshaushalt vom Steuerzahler aufgebracht. Für Beitragsleister und
Rentenempfänger ist daher nicht ersichtlich, welcher Rentenanteil den Gegenwert
für seine Beitragsleistung darstellt, welcher Anteil von anderen
Beitragspflichtigen oder vom Steuerzahler aufgebracht wird oder welcher Teil
geleisteter Beiträge zur Deckung des Bedarfs anderer Rentenempfänger oder des
Arbeitsunfähigkeitsrisikos des Beitragszahlers oder Dritter oder ganz anderen
Zwecken gedient hat oder dient.
Damit entzieht sich das geltende System jeder konsistenten
Würdigung unter Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit, Gerechtigkeit und Rechtssicherheit
und damit auch jedem Versuch grundlegender Reparatur. Es bedarf stattdessen
einer umfassend neuen Gründung auf der grünen Wiese, die die Fehler der
Vergangenheit vermeidet. Vor allem sind Eigenversorgung,
Versicherung des Risikos der Arbeitsunfähigkeit und eines langdauernden
Alters-Versorgungsbedarfs, der
Ausgleich struktur- oder konjunkturbedingter Erwerbsbeeinträchtigungen und
soziale Hilfeleistungen künftig sorgfältig zu unterscheiden. Sie knüpfen an
unterschiedliche Tatbestände an,
haben verschiedene Gründe und Zwecke und unterschiedliche wirtschaftliche
Bedeutung und unterliegen verschiedenen Bewertungen unter dem Gesichtspunkt der
Gerechtigkeit. Sie sind daher auch auf unterschiedliche Weise zu bewältigen.
Sie sind sozialpolitisch, wirtschaftlich und rechtlich sowie theoretisch,
verwaltungspraktisch und institutionell gegeneinander klar abzugrenzen und zu
unterscheiden (5).
Familien- und
Eigenverantwortung.
In einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung ist es Sache
des Einzelnen und der Familie, für Bedarfsdeckung zu sorgen. Es gibt keinen
Grund, weshalb für Altersvorsorge etwas anderes gelten soll.
Alters-Versorgungsbedarf ist normaler Individual-Bedarf mit der Besonderheit,
daß er zu einer Lebenszeit anfällt, in dem der Gegenwert
des Beitrags des Bedarfsträgers zur Bedarfsdeckung das Existenzminimum nicht
deckt, und dass seine Dauer unterschiedlich, aber sehr ungewiß
ist. Eigenverantwortung mit Bezug auf Altersversorgung wird durch individuelles
Sparen, nämlich durch Rücklage eines
Teils des Erwerbs unter Verzicht auf Konsum und durch Verzinsung der Rücklage
und Ausschüttung einer aus dem Ergebnis finanzierten Rente vollkommen gerecht
verwirklicht. Dabei wird das Risiko
langdauernden Rentenbedarfs durch Bemessung der Rente unter Berücksichtigung
der statistischen Lebenserwartung abgedeckt. Eine höhere Ansparung sichert eine
bessere Versorgung. Grundsätzlich ist dem mündigen Einzelnen auch insofern zu
überlassen, wie er seine Mittel verwenden und wie er seine Lebensenergie auf
Erwerbstätigkeit oder andere Formen der Selbstverwirklichung verteilen will.
Würde ein Solidaritätsprinzip eingefordert, das zur Sozialisierung dieses
Konsumverzichts führt, so könnte es ebenso mit Bezug auf jeden Normalbedarf
geltend gemacht werden. Einem im Zusammenhang einer freiheitlichen Verfassung
stehenden Sozialstaatsprinzip kann eine solche Forderung nicht entnommen
werden.
Die Optimierung des Verhältnisses von Beiträgen und
Versorgungsrenten sollte dem Wettbewerb privater Unternehmen oder der
Geschicklichkeit und freien Entscheidung des Einzelnen überlassen sein.
Öffentlichrechtliche Versorgungseinrichtungen schließt das
nicht aus. Angesichts der Bedeutung der Altersversorgung für das allgemeine
Wohl müssen jedoch alle Versorgungseinrichtungen zu einer am Kapitalmarkt
orientierten Mindestverzinsung und einer sicheren Anlage verpflichtet sein.
Die Einhaltung der Verpflichtung ist staatlich zu beaufsichtigen. Darüber
hinaus bedarf es eines verfassungsrechtlichen Schutzes des Ansparkapitals
gegen jeglichen staatlichen Zugriff - vorbehaltlich einer allgemeinen
Besteuerung von Zinseinkünften und darüber hinaus gegen eine
Geldwertschmälerung (6).
Die Beiträge sind allein vom Versicherten zu leisten. Eine
Belastung von Unternehmen, bei denen
sie arbeiten, und damit der Abnehmer der Produkte oder Leistungen dieser
Unternehmen, findet keinen rechtfertigenden Grund.
Unternehmen haben keine über wirtschaftliche Deckung des Bedarfs an ihren
Produkten bei angemessenen Erträgen für ihre Mitarbeiter und für die
Kapitalerhaltung hinausgehende Verantwortung für eine Versorgung Aller.
Ebensowenig ist es gerechtfertigt, die Arbeitnehmer zu belasten. Sie können
nicht für einen allgemeinen
Bedarf von Jedermann haftbar gemacht werden. Ihre Erwerbsmöglichkeit ist keine
Pfründe, die eine besondere Belastung rechtfertigt, sondern das Arbeitsentgelt
soll an der Gegenleistung orientiert sein. Schließlich beeinträchtigt eine
Belastung gerade der Unternehmen und/oder Arbeitnehmer das Wirtschaftsergebnis,
indem sie die Wettbewerbsbedingungen verfälscht, die Bedarfsdeckung verteuert,
die Wohlstandsbildung reduziert und das Leistungsmotiv schwächt. Für
Exportländer wie Deutschland beeinträchtigt sie insbesondere die
außenwirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und damit wiederum das Sozialprodukt.
Schließlich schmälert sie auch das Steueraufkommen.
Wird Freiheit ernst genommen, muß
von Eigenverantwortung ausgegangen werden. Eine Versicherungspflicht sollte
überflüssig sein. Sie
ist in einer Zeit eingeführt worden, in der es den Arbeitnehmern viel schwerer
fiel als heute, auch nur geringe Rücklagen für eine Altersvorsorge zu bilden.
Solange jedoch zu befürchten ist, daß freiwillig
keine genügenden Rücklagen gebildet werden, ist zur Vorbeugung gegen übermäßige
Inanspruchnahme von Sozialhilfe eine Verpflichtung zu Mindestrücklagen
vertretbar, wenn sie unterschiedslos Jedermann im Erwerbsalter erfasst.
Versicherung wegen
Arbeitsunfähigkeit.
Im Gegensatz zum Versorgungsbedarf im Alter, der mit
Gewißheit auf jedermann einmal zukommt, ist derjenige wegen
unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit ein
partikuläres, von niemandem beherrschbares Risiko. Es ist daher von der
Altersversorgung getrennt zu bewältigen. Es sollte nach Maßgabe der
statistischen Erwartung des Schadenseintritts und des Bedarfs für einen
Mindestunterhalt nach dem Versicherungsprinzip
gedeckt werden. Das Versicherungskapital ist wie bei der Altersversorgung zu
schützen. Auch die Versicherung des Risikos der Arbeitsunfähigkeit obliegt
grundsätzlich dem Risikoträger und seiner Familie. Zweifel an ausreichender
Eigenverantwortung können im Gemeinwohlinteresse eine Pflichtversicherung
rechtfertigen, und zwar eine Versicherungspflicht grundsätzlich für jedermann,
weil auch jedermann unabhängig von der Art der von ihm gewählten aktuellen
Bedarfsdeckung an dem zu deckenden Risiko teilhat.
Arbeitslosigkeit.
Letzten Endes ist Arbeit die einzige jedermann (von
Arbeitsunfähigkeit abgesehen) für die Deckung seines Versorgungsbedarfs zur
Verfügung stehende Erwerbsquelle. Eine eigenverantwortliche Altersversorgung
durch Ansparung von Beiträgen wird durch Arbeitslosigkeit behindert oder
ausgeschlossen. Diese behindert aber nicht nur die Ansparung der
Altersversorgung, sondern die Deckung des Lebensbedarfs überhaupt. Deshalb ist
das Problem eines Ausfalls von Beiträgen zur Altersversorgung im Rahmen und
nach den Grundsätzen einer Deckung des allgemeinen Versorgungsbedarfs des
Arbeitslosen zu lösen. Die höchst verschiedenen
Ursachen für Arbeitslosigkeit schließen allerdings eine einheitliche
Bewältigung aus. Insbesondere ist danach zu unterscheiden, ob die Ursachen vom
Betroffenen beherrscht werden können oder nicht.
Arbeitslosigkeit kann ihre Ursache in der Bevorzugung
arbeitsloser oder weniger arbeitsintensiver Erwerbsquellen haben, auch wenn sie
nur zur Deckung eines relativ bescheidenen Bedarfs ausreichen. Die Verfügung
über eigene Versorgungsressourcen (z.B.
Wohnungseigentum, Mittel zur Selbstversorgung, Kapitalerträge
(7),
Gelegenheitserwerb, Unterhaltsleistungen der Familie oder Dritter), aber auch
die Aussicht auf öffentliche Bedarfsdeckungsbeiträge erleichtern den Verzicht
auf Arbeit. Arbeitslosigkeit kann auch auf Immobilität
des Arbeitslosen mit Bezug auf Art oder Ort der Arbeit zurückgehen. Häufige
Ursache für Arbeitslosigkeit ist ein Mangel an den für den Erwerb einer dem
Arbeitsplatzangebot entsprechenden Ausbildung
erforderlichen Anstrengungen des Einzelnen und/oder seiner Erzieher oder
Familie. Regelmäßig begründet eine auf diese Weise verursachte Arbeitslosigkeit
keinen Anlaß für Hilfsvorkehrungen, weil sie vom Einzelnen zu verantworten ist. An
Ausbildungsgelegenheiten fehlt es entgegen verbreiteten Beschwerden dann nicht,
wenn die vorhandenen Einrichtungen intensiv genutzt und die (sei es auch mit
Verzicht verbundenen) Möglichkeiten zum Selbstunterricht und zur familiären
Hilfe ausgeschöpft werden.
Anders ist ein Wegfall
des Arbeitsplatzes einzuordnen. Die einschneidenden Wirkungen des auch nur
vorübergehenden Erwerbsausfalls ähneln denjenigen einer die Dauer der
Lohnfortzahlung überschreitenden Arbeitsunfähigkeit. Für Fälle, in denen der
Anlaß in der Sphäre der Unternehmen liegt,
entspricht dem, auch wenn es sich um konjunkturelle oder strukturelle
Entwicklungen handelt, eine Verpflichtung der Unternehmen zu einer
Lohnfortzahlung (oder zur Vorsorge für eine solche). Da der Arbeitsmarkt
adäquaten Ersatz in der Regel nicht ohne Verzögerung bereitstellen kann, gilt
das für denjenigen Zeitraum, dessen es regelmäßig zur Auffindung einer anderen
Arbeitsstelle bedarf. Wiederum anders ist ein permanentes Zurückbleiben des
allgemeinen Arbeitsplatzangebots hinter der Nachfrage zu bewerten und zu
bewältigen. Dieses die Wirtschafts- und Sozialpolitik in jüngerer Zeit mit
Vorrang beschäftigende Phänomen bedarf einer gesonderten Betrachtung.
Insbesondere: Permanent-generelle Arbeitslosigkeit.
Die unterschiedlichen Gründe für permanente Arbeitslosigkeit
in hochentwickelten Industriegesellschaften lassen sich bisher offenbar nicht
eindeutig nachweisen oder unterscheiden und erst recht nicht mit bestimmten
Maßnahmen beherrschen. Sicherlich spielen die allgemeine Nachfrage nach Gütern
und Leistungen, der Grad des Wohlstandes und Besitzes und der Umverteilung mit
ihren Auswirkungen auf die Arbeitskosten, die allgemeine Leistungsbereitschaft
und der allgemeine Ausbildungsstand, ferner das Verhalten des Kapitals
innerhalb einer Volkswirtschaft eine Rolle. Erkennbar ist auch ein erhebliches
Ansteigen des Sozialprodukts bei gleichzeitiger Zunahme der allgemeinen (8).
Daraus dürfte zu schließen sein, daß es zur
Erstellung aller nachgefragten Güter und Leistungen nur eines Arbeitseinsatzes
bedarf, der hinter dem Arbeitsangebot zurückbleibt. Dabei handelt es sich wohl
um das Resultat einer Entwicklung der technischen Produktionsmittel und
-Verfahren. Geht man davon aus, daß ein Wirtschaftssystem nicht nur dem
optimalen Ausgleich
von Angebot und Nachfrage an und nach Gütern und Leistungen sondern auch der
Bereitstellung eines ausreichenden Arbeitsplatzangebots dienen soll, so ist die
so bedingte Arbeitslosigkeit ein Mangel des Systems. Die Forderung liegt nahe,
diesen Mangel mit Hilfe der Erträge des Systems, mithin zu Lasten aller, die
seine Produkte in Anspruch nehmen, und das ist die Allgemeinheit schlechthin,
zu bewältigen.
Soweit das auf die Heranziehung einer Art Mehrwert des
Sozialprodukts hinausläuft, wäre es allerdings nicht gerechtfertigt, lediglich
die Folgen der allgemeinen Arbeitslosigkeit bei den einzelnen Betroffenen
auszugleichen. Es wäre auch unmöglich, das auf gerechte Weise zu
bewerkstelligen, weil die einzelnen Betroffenen auch auf die systembedingte
Arbeitslosigkeit unterschiedlich reagieren und ihrer bestehen bleibenden
Verantwortung für ihre Versorgung in unterschiedlichem Maße genügen können.
Ferner ist zu bedenken, daß
das Risiko allgemeiner Arbeitslosigkeit sich auch bei den Inhabern von
Arbeitsplätzen jederzeit realisieren kann und sich andererseits manchmal bei
diesen wegen ihrer besonderen Anstrengungen nicht realisiert.
Der erwähnte Mehrwert bleibt ein Verdienst der produktiv
Tätigen, und ihnen steht ein entsprechender Anteil am Ergebnis ihrer
Produktivität zu. Zugleich ist das Sozialprodukt das Ergebnis langfristiger, ja
generationenübergreifender Kollektivleistung der Volkswirtschaft und der sie
tragenden Gesellschaft und Kultur in der Vergangenheit. Insofern können
Ergebnisse nicht eindeutig Einzelnen sondern müssen der Allgemeinheit
zugeordnet werden. Hier gilt der Gedanke der Solidarität. Soll die
Allgemeinheit für Mängel des Produktions- und Verteilungssystems haften, so
stehen ihr auch seine Überschüsse zu. Als Ergebnis ist eine pro Kopf
auszuschüttende, an keine Bedingungen geknüpfte Volksrente (9),
die zu Lasten des gesamten Sozialprodukts womöglich am richtigsten über die
Mehrwertsteuer
zu finanzieren wäre. Sie erleichtert zugleich die Bewältigung der Folgen der
allgemeinen Arbeitslosigkeit. Aus ihr ist auch der auf die Arbeitslosen
entfallende Beitrag zur Ansparung der Altersversorgung zu bestreiten. Aus
ähnlichen Gründen wie im Fall der Altersversorgung kann an eine Pflicht zu
dieser Verwendung eines Teils der Rente in einer Höhe gedacht werden, die zur
Ansparung einer Mindest-Altersversorgung nötig ist. Da der auf systemimmanente
Gründe zurückgehende, für Arbeitslosigkeit verantwortliche Anteil am
Sozialprodukt nur geschätzt werden kann, ist die Höhe der Volksrente vom
Gesetzgeber periodisch festzulegen.
Es liegt nicht fern, eine solche Volksrente auch außerhalb
des Problemkreises einer Massenarbeitslosigkeit in Erwägungen einzubeziehen,
die auf Zweifeln an ausreichender freiwilliger Altersvorsorge beruhen.
Dementsprechend könnte sie als staatlicher gleichhoher Pro-Kopf-Zuschuß zum
Versorgungs-Ansparkapital ausgebildet werden.
Sozialhilfe.
Zweifellos sind nicht alle Altersversorgungs-Bedürftigkeiten mit Hilfe
eigenverantwortlicher Ansparung,
Versicherung und Volksrente gedeckt. Es bleiben Fälle der Unterversorgung.
Kann davon ausgegangen werden, daß die Folgen
unverschuldeter Erwerbslosigkeit und von Systemmängeln nach vorstehenden
Vorschlägen ausgeglichen werden, so haben die verbleibenden Versorgungslücken
ihre Ursache jedoch im mangelhaften Erwerbs- oder Sparverhalten der Betroffenen
(das nicht unbedingt verschuldet sein muß). Es wäre
schädlich und ungerecht zu vertuschen, daß es sich
bei der Gewährleistung einer Mindestversorgung in solchen Fällen um nichts
anderes handelt als um altruistische
humanitäre Hilfe der Allgemeinheit der Versorgten und Besitzenden, und daß ein
Anspruch auf solche Hilfe moralischer Art ist.
Daher ist es auch gerechtfertigt, Sozialhilfe auf einen Mindestbedarf zu
beschränken, den die Allgemeinheit definiert.
Es wäre unzweckmäßig und ungerecht, diese Sozialhilfe den
Unternehmen (und damit den Verbrauchern ihrer Produkte) und/oder Arbeitnehmern
aufzuerlegen. Denn nicht nur sie verfügen über Besitz und Einkünfte, die den
Grund für Heranziehung zur Sozialhilfe bilden,, und
sie repräsentieren auch nicht die moralisch geforderte Allgemeinheit. Wenn das
geltende System den Sozialhilfebedarf mit Hilfe einer Rentenfinanzierung zu
Lasten der Unternehmen und Arbeitnehmer reduziert, so liegt auch darin ein
Grund für seine Kritik. Vielmehr ist die Sozialhilfe im Sinne des gesamten
Versorgungsbedarfs
auch im Rentenalter, der nicht nach den hier vorgeschlagenen Maßgaben durch
Eigenversorgung, Versicherungen oder Volksrente abgedeckt ist, über allgemeine
Steuern aufzubringen. Die
Wahl der für Aufbringung und Verteilung der Sozialhilfe zuständigen
Gemeinschaft (z.B. Bundesrepublik, Land, Gemeinde) ist dabei eine Frage, die
innerhalb des Systemgedankens unterschiedlich beantwortet werden kann.
Mindestbedarf und
Solidarität.
Soweit bei den vorstehenden Erwägungen der Mindestbedarf eine
Rolle spielt, sollte der Begriff ernst genommen werden. Der Mindestbedarf
besteht darin, daß der Mensch
nicht auf Dauer ungesunden Hunger leidet und nicht frieren muß,
einen Wohnraum hat, normale Gesundheitsvorsorge und -Versorgung genießt sowie
über diejenigen Mittel verfügt, die für eine menschenwürdige Teilhabe am
Gemeinschaftsleben nötig sind. Ein Anspruch darauf, daß
dies an einem bestimmten Ort geschieht, gehört
jedenfalls in einer modernen Welt nicht zum Mindestbedarf.
Solidarität ist gegenüber Versorgungsalternativen des
Bedürftigen, etwa in Gestalt von Vermögen oder anderweitigen Einkommensquellen,
insbesondere von Unterhaltsansprüchen, subsidiär. Wer eine Eigentumswohnung,
ein Wertpapierdepot, eine Lebensversicherung, einen leistungsfähigen Ehepartner
oder leistungsfähige Eltern oder Kinder hat, kann nicht dieselben Solidar- oder
Sozialleistungen erwarten wie der Rentner, der seinen Unterhalt voll mit seiner
Rente bestreiten muß.
Kein Sozialabbau sondern Verteilungsklarheit, unabhängig von der
demographischen Entwicklung.
Die hier vertretenen Vorschläge einer eigenverantwortlichen
Basislösung für die Altersversorgung, einer Versicherungslösung für
Arbeitslosigkeit und individuelle Fälle eines Wegfalls von Arbeitsplätzen sowie
einer Volksrente werden unweigerlich den Vorwurf des Sozialabbaus
auf sich ziehen. Diesem Vorwurf ist jedoch entgegenzuhalten, dass die
Vorschläge die Höhe der Solidar- und
Sozialleistungen ebenso unberührt lassen wie Abstufungen bei ihrer Aufbringung durch Steuern nach dem
unterschiedlichen Vermögen der Steuerzahler. Die Entscheidungen hierüber
bleiben der Allgemeinheit vorbehalten. Worauf aber bestanden werden muß, ist die Herstellung und Erhaltung der Klarheit der
Herkunft und des Empfängers von Geldmitteln sowie des Grundes und des Maßes für
ihre Aufbringung und Verwendung, die einen wesentlichen Vorteil und Grund für
die vorstehenden Vorschläge bildet.
Erst die vorgeschlagenen Unterscheidungen ermöglichen eine rationale und
allgemeinverständliche
Erwägung und Bildung der Entscheidung, wie Altersvorsorge und Sozialhilfe
gestaltet und finanziert werden sollen. Sie sind unerläßlich,
um Gerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit eines Versorgungssystems zu beurteilen
und ohne Täuschung und Selbsttäuschung für seine Akzeptanz zu werben. Die
Entscheidung kann nur im Rahmen der Überlegung gefällt werden, welche Steuer-
oder Umverteilungslast überhaupt insgesamt zumutbar und sinnvoll ist und
welcher Anteil am Sozialprodukt oder Steueraufkommen für Vorsorge und
Sozialhilfe verwendet werden soll. Erst diese Überlegungen kommen als
Gegenstand einer auf publizistische Vorbereitung angewiesenen demokratischen
Entscheidung - im Rahmen der geltenden Verfassung und insbesondere der
Freiheitsgrundrechte - in Betracht, weil erst sie begreiflich machen, worum es
eigentlich geht, nämlich um konkret bestimmte Alternativen der Verwendung
öffentlicher oder vergemeinschafteter
Mittel zur Finanzierung von Regierung, Verwaltung, Rechtspflege,
Verteidigung, Gesundheitsvorsorge, Verkehrswege, Ver-
und Entsorgungseinrichtungen, Bildungseinrichtungen, Kulturwerke und sonstige
staatliche Daseinsvorsorge. Diese Alternativen müssen allgemeinverständlich
sowie bedarfs- und kostenrichtig dargestellt werden.
Nur auf dieser Grundlage kann der Bürger mit Bezug auf die Rentenfinanzierung
Erwägungen anstellen, die denjenigen ähneln, die er bei der Entscheidung über
die Ausbildung und den Einsatz seiner persönlichen Arbeitskraft und über die
Verwendung des Ertrages seiner Leistung und seines sonstigen Vermögens, kurz:
über seinen persönlichen und seiner Familie Haushalt anstellen muß.
Die hier unterbreiteten Vorschläge sind von der in der Regel
mit dem Problem der Altersversorgung in enge Verbindung gebrachten demographischen
Entwicklung (Verhältnis der Zahl der Erwerbstätigen zur Zahl der zu
unterhaltenden Alten)(10) unabhängig.
Das gilt ersichtlich für die Vorsorge durch den Einzelnen. Soweit die Familie
als Versorgungsträger in Betracht kommt, trägt ein System der Eigenvorsorge zur
gerechten Zuweisung der Verantwortlichkeit und zum Abbau eines Geburtendefizits
bei. Was die Sozialhilfe der Gemeinschaft betrifft, so ist in einer Situation
relativ großen Bedarfs und beschränkter Mittel Transparenz mit Bezug auf den
Umfang der Hilfe und ihre Verteilung erst recht unerläßlich,
um demokratische und angemessene Gestaltung der Umverteilung zu gewährleisten.
Übergangsregelungen.
Da das geltende System der Altersversorgung weit von diesen
Vorschlägen entfernt ist, bedarf es einer Übergangslösung. Der einzige
vorgegebene Anspruch, der hierbei zu berücksichtigen ist, ist aus den nach
Maßgabe des zur Zeit geltenden Rechts bereits
erfolgten Beitragsleistungen abzuleiten. Der Wert dieser Leistungen
einschließlich einer angemessenen Verzinsung ist in Form einer nach der
statistischen Lebenserwartung bemessenen Rente weiterhin zu gewährleisten.
Dabei handelt es sich um einen Anspruch aus dem Gesichtspunkt des
Vertrauensschutzes, der sich aber nicht an künftige Generationen sondern an den
gegenwärtigen Staat der gegenwärtigen Generationen richtet, weil er durch sein
System Vertrauensverpflichtungen eingegangen ist. Alle darüber hinausgehenden
Leistungen sind Gegenstand einer den Grundgedanken der Reform entsprechenden
Entscheidung des Gesetzgebers.
Die nach geltendem Recht obligatorischen Arbeitgeber- und
Arbeitnehmerbeiträge können nicht von heut auf morgen in steuerpflichtige aber
frei verfügbare Lohnbestandteile umgewandelt werden. Das sollte schrittweise
geschehen, während die laufend zu reduzierenden Beiträge in einer Übergangszeit
teils zur Finanzierung der Volksrenten und Sozialhilfe verwendet und teils dem
individuellen Beitragsguthaben zugeführt werden sollten.
Zusammenfassung
Der Artikel setzt sich für grundsätzliche Rückkehr zur
Eigenvorsorge für das Alter durch individuelles Sparen ein. Er verlangt vom
Staat Sicherung des dafür angesparten Kapitals. Kann der Einzelne einen
minimalen Lebensbedarf ohne sein Verschulden nicht decken, so soll die
Gemeinschaft eintreten. Die Solidarleistungen sind von der Eigenvorsorge streng
zu trennen, es muß transparent werden und bleiben,
welchen Versorgungsanteil der Einzelne selbst und was die Gemeinschaft
finanziert. So kann der Solidarbeitrag demokratisch und angemessen bestimmt und
gerecht zugeteilt werden. Typische Risiken wie (nicht systembedingte)
Arbeitslosigkeit oder Arbeitsunfähigkeit (beim Alter gehört nur seine Dauer zu
solchen Risiken) sind dagegen nach dem Versicherungsprinzip zu bewältigen. Zur
Versorgung könnte eine Volksrente beitragen, die aus einem die Summe der
Einzelleistungen übersteigenden Anteil des Sozialprodukts zu finanzieren wäre.
Summary
The article
pleads for restoration of old age self-support by individual saving. It demands
absolute protection by the state of the capital accumulated for the purpose. Where
an individual is unable, for reasons outside of his responsibility, to maintain
a minimal living standard, society should step in. Social aid should be
strictly distinguished from self-support. The shares to which the individual
and the society contribute in financing needs must remain transparent. This
enables democratic and adequate determination of the contribution of the
society and its just distribution. Typical risks such
as unemployment (if not caused by general system deficiencies) or disability
(age does not belong to this kind of risks) should be dealt with on the basis
of the insurance principle. Old age support could be augmented by distributing
to everyone, in the form of a national annuity, that part of the national
income which does not derive from individual services but from the productivity
inherent to a national economy as a whole.
Fußnoten
(1) Darauf und auf das dem Generationenvertrag
fehlende Vertragsmerkmal der Reziprozität weist Franz Xaver Kaufmann, Gibt es
einen Generationenvertrag ? in: Jahres- und
Tagungsbericht der Görres-Gesellschaft, 2003, S. 63 ff., 85, 69 hin. Dieser
Vortrag stellt S. 70 ff. auch die Herkunft des Ausdrucks (Wilfrid Schreiber,
1955) und seinen Eingang in die Politik dar, etwa an Hand des auf Bitten von
Bundeskanzler Adenauer 1955 erstatteten Gutachtens Neuordnung der sozialen
Leistungen von Hans Achinger, Joseph Hoeffner, Hans Muthesius und Ludwig Neundörfer, das
Solidarität zwischen den Generationen fordert.
(2) Wegen Einschränkungen durch Europäisierung und
Globalisierung vgl. Kaufmann, aaO. S. 89.
(3) Damit ist
nicht gesagt, daß entscheidende Maßgaben vom
Bundesverfassungsgericht zu erwarten wären. Dessen Rechtsprechung läßt, wie der Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
vom 27.4.2004 über die Bitburger Gespräche und insbesondere den Beitrag von
Bundesverfassungsrichter Udo Steiner bestätigt, dem Gesetzgeber eine weiten
Spielraum. Die Verantwortung für Freiheitsschutz im Sozialstaat liegt
weitestgehend beim Gesetzgeber.
(4) Wie Kaufmann, aaO. S. 70
bemerkt, ist heute die Bevölkerung in Deutschland im wesentlichen
durch staatlich geregelte Umverteilung gegen die sogenannten Standardrisiken
insbesondere auch des Alters gesichert.
(5) Dem trägt
der Reformvorschlag von Friedrich Breyer/ Wolfgang Franz/Stefan Homburg/Reinhold
Schnabel/Eberhard Wille, Reform der sozialen Sicherung, Berlin 2004,
nicht ausreichend Rechnung.
(6) Zwar ist Geldwertsicherung einerseits nicht nur
Voraussetzung eines befriedigenden Systems der Altersvorsorge und andererseits
erst in Anfängen (durch das Euro-Währungssystem und eine gewissen
Verfassungsschutz des Geldeigentums) Gegenstand rechtlicher Normierung (vgl.
etwa die Auseinandersetzung mit dem Nominalprinzip in den Beschlüssen des
Bundesverfassungsgerichts vom 19.12.1978 - 1 BvR 335
u.a./76 - BVerfGE 50 S. 57, 104 ff. und vom 31.3.1998 - 2 BvR
1877/97 u.a. - BVerfGE 97, 350, 370 ff. und die dort zitierte Literatur). Doch
rechtfertigt und erfordert die sozialpolitische Bedeutung der Alterssicherung
einen Schritt zur Gewährleistung der Staatsverantwortung für
Geldwertstabilität.
(7) Zwischen 1985 und 2001 hat sich das private
Wertpapiervermögen in der Bundesrepublik Deutschland um rund 90 % vermehrt;
vgl. das Statistische Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland, Jahrgang
1990 S. 329 und Jahrgang 2003 S. 347.
(8)Während das Bruttosozialprodukt zu konstanten
Preisen in der Bundesrepublik Deutschland zwischen 1980 und 2002 von 1.186,9
auf 1.976,5 Mrd. Euro angewachsen ist, stieg der Anteil der Arbeitslosen an der
Zahl der Erwerbspersonen in Privathaushalten von 3,8 % im Jahre 1979 auf über 9
% in den Jahren 1983 und 1997 und auf 8,5 % im Jahre 2002; Statistisches
Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland, Jahrgang 1990 S. 111 und Jahrgang
2003 S. 126 und 656 f.
(9) Sie ist unter
der Bezeichnung Grundeinkommen, Bürgergeld, Sozialdividende seit langem
im Gespräch, vgl. unlängst Michael Opielka, Der
Arbeitsmarkt kann nicht mehr alle Bürger tragen, und Robert Nef, Wenn man die
Privaten machen lässt, gibt es genug Arbeit, NZZ 20./21.11.2004.
(10) Hierzu etwa Kaufmann, aaO., passim.
Nachtrag Januar 2014.
Einem volkswirtschaftlicher Vorteil der
Altersfinanzierung durch Sparen steht die historische Erfahrung
von Nachteilen der Staatswirtschaft gegenüber, die
mit einer solidarischen Finanzierung verbunden sind. Ein Vorteil
besteht darin, daß das angesparte Kapital zur Finanzierung von
Produktionsmitteln nach dem marktwirtschaftlichen Verteilungsprinzip
bereitsteht. Damit geht der Vorteil der Verzinsung für den Sparer
einher. Anlagerisiken können mit Hilfe neutraler Aufsicht in Grenzen
gehalten werden, so daß sie jedenfalls weit geringer ins Gewicht
fallen als Risiken eines "Generationenvertrages". Bei
Solidarfinanzierung des Alters wird das Sparen der Bedarfsträger
während ihres Erwerbslebens durch obligatorisches Sparen Anderer
zur Zeit des Bedarfs ersetzt, so daß Verzinsung entfällt. Wird
fehlendes Kapital vom Staat bereitgestellt, wird die
marktwirtschaftliche Steuerung des Kapitaleinsatzes durch
staatliche Lenkung ersetzt oder jedenfalls beeinträchtigt.